Teleskop- und Konuskronen als Halte- und Stützelemente für herausnehmbare Teilprothesen

Herausnehmbarer Zahnersatz, gleich, ob es sich um Totale oder Teilprothesen handelt, ist für viele Menschen mit unangenehmen Assoziationen verknüpft. Täglich erinnert eine solche Prothese daran, daß bereits so viele Zähne verlorengegangen sind, daß deren Ersatz unumgänglich geworden ist. (Heinz Erhardt hat dies in seinem berühmten Vierzeiler recht drastisch ausgedrückt.)
Kann festsitzender Zahnersatz wenigstens annähernd noch den Kaukomfort einer geschlossenen Zahnreihe bieten, so ist die Eingliederung von herausnehmbarem Zahnersatz auf jeden Fall mit dem Einüben von neuen Kaumustern verbunden- dies kann bis zu 6 Monate dauern. Überdies gelangen Speisereste beim Essen immer unter die Prothesenbasis und müssen daher nach jeder Mahlzeit zumindest von der Prothese unter fließendem Wasser abgespült werden; besser ist jedoch, die Prothese wird gleich nach der Mahlzeit nach deren Ausgliederung aus dem Mund zusammen mit den Zähnen gebürstet.
 
Kunststoffprothesen mit Drahtklammern als Halteelemente an den noch vorhandenen Zähnen stellen den einfachsten und preiswertesten Zahnersatz dar. Drahtklammern aus federhartem Draht, auch solche mit gebogener Auflage auf der Kaufläche eines Seitenzahnes, ermöglichen keine Kaudruckübertragung vom kaubelasteten Prothesensattel auf den noch vorhandenen Zahn. Somit wird die Kaukraft vom Prothesensattel auf die Schleimhaut und den sich darunter befindlichen Kieferknochen übertragen. Ein druckbelasteter Kieferknochen schrumpft sehr bald, da er für derartige Belastung biologisch nicht geeignet ist. (Natürliche Zähne sind am Kieferknochen mit Bindegewebsfasern aufgehängt, so daß sie bei Belastung eine Zugwirkung auf den Knochen ausüben und damit dessen Wachstum anregen.) Dies führt zum alsbaldigen Absinken des Prothesensattels unter die Kauebene. Klinisch stellt sich eine solche Situation so dar, daß zwischen der Kauebene der noch vorhandenen Zähne und dem Beginn der Prothesenzahnreihe ein Absatz vorliegt, der manchmal mehrere Millimeter hoch ist. Im sichtbaren Bereich ist dies ästhetisch nachteilig, wichtiger aber noch ist die Beeinträchtigung der Kaufunktion. Zähne im Gegenkiefer, die auf den abgesunkenen Prothesensattel beißen, suchen Kontakt und verlängern sich optisch. Dies geht mit deren Befestigungsverlust und Lockerung einher, da ja deren Wurzel nicht fortwährend länger wird, wie etwa bei Nagetieren.
Stärker noch als die Zähne im Gegenkiefer werden jedoch die Klammerzähne im prothesentragenden Kiefer beansprucht. Horizontale Prothesensattelbewegungen beim Kauen führen zu ständigen Kippbewegungen der Klammerzähne und damit deren Lockerung, denn der Klammerdraht ist federhart und kann die Klammerzähne nicht körperlich fassen.
Recht rasch nach Eingliederung einer drahtklammerbefestigten Kunststoffprothese kommt es daher zu Veränderungen der Kaumuster nach dem Prinzip: "Der Mensch kaut dort, wo er Zähne hat." Veränderungen der Kaumuskelreflexe sind die Folge, was sich beispielsweise so darstellt, daß Patienten bei der Bißnahme für neuen Zahnersatz nicht in der Lage sind, willentlich zuzubeißen. Umbauvorgänge in den Kiefergelenken führen zu Gelenks- und Muskelbeschwerden, da die Kiefergelenke natürlicherweise druckfrei sind (der Kaudruck wird bei vollständiger Bezahnung ausschließlich über die Zähne abgeleitet).
Die breitflächige Anlagerung von Kunststoff an den noch vorhandenen Zähnen erhöht darüberhinaus stark deren Kariesrisiko. Am Kunststoff haften Mundbakterien und die von ihnen produzierte bakterielle Plaque wesentlich besser als an anderen Materialien (Metall, Keramik).

Diese ausführliche Beschreibung der Problematik einer Kunststoffprothese erklärt, weshalb nach deren Eingliederung sehr bald weiterer Zahnverlust eintreten kann. Die schleimhautgelagerte Kunststoffprothese mit Drahtklammern als Halteelemente sollte daher in der modernen Zahnheilkunde, von speziellen Ausnahmen abgesehen, nicht als dauerhafte prothetische Versorgung zur Anwendung kommen, sondern nur als Provisorium.

Modellgußprothesen sind gegossene Teilprothesen mit Metallbasis und gegossenen Klammern. Sie stellen die prothetische Grundversorgung dar und sind kombiniert zahn- und schleimhautgelagert. Jede Gußklammer muß den Klammerzahn körperlich umfassen und damit die Haltefunktion für die Prothese ausüben, zugleich aber mit einer Auflage versehen sein, die den Kaudruck des Prothesensattels auf den Zahn überträgt. Freiendsättel aber können naturgemäß nicht den gesamten Kaudruck auf die restlichen Zähne ableiten, sondern müssen auch einen Teil der Belastung auf den Kieferkamm übertragen.
Gerade im Frontzahnbereich sind Gußklammern mit Auflagen ästhetisch äußerst unbefriedigend. Für die Auflagen müssen die Klammerzähne entsprechend eingeschliffen werden. Wird die Prothese einmal nicht getragen, können diese Auflagemulden als störend empfunden werden, insbesondere dann, wenn die Klammerzähne zuvor noch keinerlei Behandlung erfahren hatten.

Die körperliche Fassung der Klammerzähne mittels gegossener Klammern vermindert im Vergleich zu Drahtklammern wesentlich deren Kippung. Horizontale Bewegungen der Prothese beim Kauen bewirken horizontale Schubkräfte auf den Klammerzahn, wogegen er wesentlich widerstandsfähiger ist, als gegen Kippbewegungen.

Problematisch für jedweden herausnehmbaren Zahnersatz ist die einseitige Freiendlücke bei noch vorhandener natürlicher Bezahnung im Gegenkiefer.
Werden diese antagonistischen Zähne nicht abgestützt, verlängern sie sich und gehen langfristig verloren. Die Eingliederung einer Modellgußprothese, insbesondere im Unterkiefer, zur Abstützung der Antagonisten kann nach dem bisher Gesagten nur durch eine kombiniert dentale und Schleimhautlagerung des Prothesensattels erfolgen. Beim Zubeißen wird der Prothesensattel die Schleimhaut komprimieren, da dies nicht zugleich auf der anderen Seite auch geschieht, denn es handelt sich ja um eine einseitige Freiendlücke, ist die Kippbewegung der gesamten Prothese unausweichlich. Dieses Problem kann aus prinzipiellen Gründen mit einer Modellgußprothese nicht zufriedenstellend gelöst werden.
Mehrere Möglichkeiten müssen dafür in Betracht gezogen werden:
1. Der Prothesenträger gewöhnt sich nach einer Zeit an die Kippbewegung und entwickelt Kaumuster, die dieser Kippbewegung weitgehend entgegenwirken.
2. Die einseitige Freiendlücke wird unversorgt gelassen.
(Dies darf aber nur geschehen, wenn der zweite Prämolar noch da ist und somit wenigstens die Prämolarenstützzone vollständig ist. Die Freiendlücke darf zudem nicht als subjektiv unangenehm empfunden werden, und es muß dem Patienten klar sein, daß die funktionslosen Zähne im Gegenkiefer nach unbestimmbarer Zeit verlorengehen werden. Außerdem sollten keine Kiefergelenksbeschwerden entstehen, was der regelmäßigen Kontrolle bedarf.)
3. Es wird eine Behandlung mit Implantaten und festsitzendem Zahnersatz vorgenommen.
4. Die Kippbewegung wird durch maximale Ankopplung der Prothese an das Restgebiß soweit gemindert, daß sie klinisch kaum noch eine Rolle spielt.

Mit Teleskop- und Konuskronen ist eine solche maximale Ankopplung möglich.
Natürlich beschränkt sich die Anwendung von Teleskop- und Konuskronen nicht auf die einseitige Freiendlücke! Mit Hilfe solcher Verbindungselemente kann ein auch im Frontzahnbereich ästhetisch ansprechender Zahnersatz hergestellt werden. Die körperliche Fassung solcherart überkronter Zähne ist noch besser als mit einer Gußklammer, Kippbewegungen sind nahezu vollständig ausgeschlossen. Der Tragekomfort einer Teleskop- oder Konuskronenprothese kommt dem von festsitzendem Zahnersatz am nächsten, sei er auf natürlichen Zähnen oder Implantaten befestigt.
Teleskop/Konuskronenprothesen sind ähnlich gut erweiterbar wie Modellgußprothesen, auch der Ersatz eines verlorengegangenen Teleskopzahnes durch einen anderen ohne Neuanfertigung der Prothese ist möglich.
(Eine entsprechende Ankopplung an das Restgebiß wäre zwar auch mit Geschiebeprothesen möglich, deren Erweiterbarkeit bei Verlust nur eines Zahnes aber ist äußerst schwierig. Eine spezielle Form von Geschieben, der CEKA- Anker, hat sich nach langjähriger klinischer Beobachtung nicht bewährt. Von uns selbst in der Praxis nie angewendet, zeigte es sich bei Reparaturen, daß sich die druckknopfartige Konstruktion rasch abnutzte und ihre Haltefunktion verlor. Austauschbar ist immer nur das Sekundärteil an der Prothese, nie das Primärteil im Mund, ohne es zuvor zu zerstören.)     

Voraussetzung für die Eingliederung von Teleskop- und Konuskronen ist eine ausreichende Stabilität des Zahnes, sowohl in sich selbst als auch im Kiefer, denn der Zahn wird weitaus stärker beim Tragen der Prothese belastet, als ein Klammerzahn einer Modellgußprothese oder ein Zahn in einer geschlossenen Zahnreihe.
Insbesondere ist er Zugbelastung beim Ausgliedern der Prothese ausgesetzt. Die körperliche Belastung bei Horizontalbewegung der Prothese kann auch einen stabilen Zahn auf Dauer lockern; vorhersehbar ist dies meist nicht, ansonsten käme eine Teleskopkrone als Halte- und Stützelement nicht in Betracht.
Als Risikofaktoren gelten Parodontalerkrankungen, Rauchen, bereits wurzelgefüllte Zähne. Letztere sollten Teleskopkronen nur erhalten, wenn daneben noch eine weitere Teleskopkrone auf einem noch vitalen Zahn angefertigt wird. Das Beschleifen völlig gesunder Zähne zur Aufnahme einer Teleskopkrone ist sorgfälig zu überlegen, kann doch durch die mannigfaltige Beanspruchung des Zahnes durch das Präparationstrauma und die anschließende Belastung beim Tragen der Prothese der Zahn avital werden (absterben).

War man bis Ende der 1990er Jahre der Meinung, für Teleskop- und Konuskronen käme nur eine Gold- Palladium- Legierung als Material in Frage, welche durch ihre Materialeigenschaften, insbesondere ihre Elastizität die nötige Haftung zwischen Innen- und Außenteleskop ermöglichen könnte, so ist es heute möglich, Konuskronen wesentlich kostengünstiger aus Nichtedelmetall (Chrom- Kobalt- Molybdän- Legierung) herzustellen. Auf die Elastizität des Materials kommt es letztlich nicht an, wenn im Zahntechniklabor bei der Herstellung die Winkel der Koni exakt nach Vorgabe gearbeitet werden. (Karaffen mit Glasstopfen lassen sich auch mit entsprechender Haftung des Stopfens herstellen, wenn die Winkel entsprechend gestaltet sind, und Kristallglas hat nun wirklich keinerlei Elastizität.)  
Für die Anpassung im Mund des Patienten wird in die Außenteleskopkronen jeweils ein Kunststoffstop eingebracht, durch dessen sukzessives Abtragen die Retention (Abzugskraft) zur individuellen Handhabbarkeit der Prothese für den Patienten eingestellt werden kann.

Resümierend kann festgestellt werden, daß es sich bei Teleskop/Konuskronenprothesen in jedem Fall um hochwertigen herausnehmbaren Zahnersatz handelt, dessen Kosten oft um Größenordnungen unter der von Implantatversorgungen liegen. Das Festzuschußsystem der gesetzlichen Krankenkassen sieht Festzuschüsse auch für Teleskop/Konuskronen vor, so daß in vielen Fällen über die Hälfte der Kosten von solchen Prothesen die Krankenkassen übernehmen.